Es zwickt im Rücken, der Schädel brummt, ein Ziehen in den Gelenken: Jeder Mensch hatte in seinem Leben schon Schmerzen. Wer akut darunter leidet, geht davon aus, dass die Beschwerden nach einiger Zeit wieder verschwinden. Halten die Symptome dagegen länger an oder kehren immer wieder, spricht der Mediziner von chronischen Schmerzen.
„Wenn Patienten ständig Schmerzen haben und deshalb nicht arbeiten können, rutschen sie schnell in eine Abwärtsspirale“, warnt Dr. Carsten Funke, Leitender Oberarzt des Schmerzzentrums am Klinikum St. Georg. Eine Krankschreibung jagt die nächste. Das beeinflusst auch das gesellschaftliche Leben. Die Kollegen oder der Chef beginnen zu mobben, denn die Arbeit muss trotzdem erledigt werden. Das wiederum verursacht noch mehr Schmerzen. Auch der Freundeskreis bricht zunehmend weg. Wer will sich schon mit jemandem treffen, der nur von seinem Leid klagt?
Hinzu kommen finanzielle Sorgen. Anspruch auf Krankengeld haben Arbeitnehmer bei derselben Krankheit maximal über 78 Wochen hinweg. Für die meisten bleibt anschließend nur Hartz IV oder der Rentenantrag. „Dann ist es aber zu spät. Betroffene müssen vorher aus dem Teufelskreis ausbrechen“, weiß der Oberarzt. „Nichts ist schlimmer, als zu resignieren und sich seinem vermeintlichen Schicksal zu ergeben. Im Schmerzzentrum helfen wir den Patienten, aktiv zu werden und wieder am Leben teilzuhaben.“ Im Vordergrund steht nicht, die Schmerzen zu beseitigen, sondern den Alltag wieder in den Griff zu bekommen und selbstbestimmt gestalten zu können.
Das Schmerzzentrum am St. Georg basiert auf drei Säulen: Ambulanz, Station und Tagesklinik. Die Ambulanz ist erste Anlaufstelle für Patienten mit akuten und chronischen Schmerzen. Treten beispielsweise bei einer Gürtelrose, nach einer Operation oder bei Krebserkrankungen Beschwerden auf, benötigen die Patienten eine schnelle Therapie. In der Ambulanz werden die akuten Symptome sofort medikamentös behandelt.
Leiden die Patienten unter chronischen Schmerzen, erfolgt in der Ambulanz die Einschätzung und Abklärung dieser. „Wenn beispielsweise jemand mit Hüftschmerzen zu uns kommt, kann es auch sein, dass eine neue Hüfte notwendig ist. Dann überweisen wir direkt an die entsprechenden Spezialisten hier bei uns im Haus“, erklärt Dr. Carsten Funke. „Wir untersuchen alle Patienten ausführlich und prüfen gleichzeitig, ob sie für eine Therapie in der Tagesklinik geeignet sind.“
Tagsüber Schmerztherapie, abends wieder zu Hause
Der Vorteil der tagesklinischen Behandlung ist, dass die Patienten abends und am Wochenende zu Hause sind. Sie finden schneller wieder in den Tagesrhythmus, da die Struktur dem Alltag ähnelt. Voraussetzung ist, dass die Schmerzgeplagten selbstständig in die Tagesklinik kommen können, der Anfahrtsweg sollte nicht länger als 30 Kilometer sein. „Alle Schmerzbetroffenen, die weiter weg wohnen, sowie ältere, geschwächte oder medikamentenabhängige Patienten behandeln wir stationär“, so der Facharzt.
Die Therapie in der Tagesklinik erfolgt in einer Kleingruppe vier Wochen am Stück. Die Behandlung wird auf die jeweilige Person abgestimmt und deckt verschiedene Bereiche ab. Die Sporttherapie zielt beispielsweise darauf ab, wieder Vertrauen in den Körper zu finden und die eigene Grenze auszuloten. Mit speziellen Kraftübungen wird die Kondition aufgebaut und Gymnastik hilft dabei, die kleinen Muskelgruppen zu trainieren.
„Aus ärztlicher Sicht untersuchen wir vor Ort zum Beispiel, ob Begleiterkrankungen bestehen und eine medikamentöse Behandlung notwendig ist“, beschreibt Dr. Funke. Teil der Therapie sind zudem ein schmerzpsychologischer Ansatz, Verhaltens- und Alltagstraining sowie Entspannungsübungen. Ausschlaggebend ist die Vernetzung der verschiedenen Maßnahmen, da bei chronischen Schmerzen körperliche, psychische und soziale Faktoren ineinander übergehen. Nur durch die ganzheitliche Herangehensweise kann den Patienten ein Stück Lebensqualität zurückgegeben werden.