Akutgeriatrie und Geriatrische Tagesklinik – medizinische Komplexität und Vielfalt

November 01, 2023
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© Klinikum St. Georg

In der Klinik für Akutgeriatrie und der zugehörigen geriatrischen Tagesklinik im Robert-Koch-Klinikum in Grünau werden Menschen ab 70 Jahren mit akuten und chronischen Erkrankungen betreut.

Für viele Menschen ist die Zeit jenseits der 70 ein goldener Lebensabschnitt. Doch das Alter bringt nicht selten auch gesundheitliche Herausforderungen mit sich, die spezielle medizinische Betreuung erfordern. Für diese Fälle gibt es die Akutgeriatrie mit geriatrischer Tagesklinik im Klinikum St. Georg. Sie widmet sich der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung älterer Menschen. Wir sprachen mit der Chefärztin der Klinik, Dr. Claudia Schinköthe.

Geriatrie: Medizinisches Handeln für ältere Menschen

Die Geriatrie ist das medizinische Querschnittsfach, das sich mit der Versorgung älterer Menschen beschäftigt. Anders als bei der Gerontologie, die das sozialwissenschaftliche Fach für das Altern und den alternden Menschen ist, steht in der Geriatrie das medizinische Handeln im Mittelpunkt. Hier werden Patientinnen und Patienten mit gesundheitlichen Problemen aus allen Fachgebieten behandelt — sei es nach einer Operation oder wegen spezieller organischer Probleme. Die Geriatrie verfolgt dabei immer einen breiten und ganzheitlichen Ansatz. Denn: Hier wird nicht nur eine spezifische Erkrankung behandelt, sondern auch das Lebensumfeld der Patienten berücksichtigt. „Vermittels einer biopsychosozialen Herangehensweise legen wir nicht nur großes Augenmerk auf die Erkrankung, sondern auch auf das Lebensumfeld. Wir stellen uns unter anderem folgende Fragen: „Kann das Lebensumfeld des Patienten alters- und krankheitsbedingte Defizite auffangen und kompensieren? Hat der Mensch Ressourcen, mit denen sich Defizite ausgleichen lassen? Spielen kognitive Defizite eine zusätzliche Rolle?“, erklärt Claudia Schinköthe.

Mehr als nur eine Erkrankung

Geriatrische Patienten sind in der Regel über 70 Jahre alt und leiden an mindestens zwei schwerwiegenden Erkrankungen und/oder Einschränkungen ihrer Alltagskompetenzen, das heißt, dass sie Hilfe bei Haushaltsarbeiten, der Körperpflege, beim Anziehen oder dem Einkaufen brauchen. Oft handelt es sich um komplexe Krankengeschichten, bei denen mehrere Problemwelten miteinander verwoben sind.

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Die Akutgeriatrie: Herausforderungen bei der Behandlung älterer Menschen

In der Klinik für Akutgeriatrie behandelt man Patienten, die wegen einer akuten Erkrankung im Krankenhaus aufgenommen werden müssen, unter anderem wegen Infektionen, Herzschwäche, Nierenversagen, Exsikkose oder nach Stürzen. Die besondere Herausforderung liegt dabei im psychosozialen Ansatz. Oft erfordert es viel Zeit und Einfühlungsvermögen, um die Patienten und ihre Lebensumstände richtig zu verstehen. „Eine Krankheit zu behandeln, ist leichter als den ganzen Menschen“, betont Frau Dr. Schinköthe. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pflegekräften, Ärzten, Therapeuten, Gerontopsychologen und weiteren Spezialisten spielt sowohl in der Akutgeriatrie als auch in der geriatrischen Tagesklinik eine entscheidende Rolle.

Behandlung in der geriatrischen Tagesklinik

Anders als in der Akutgeriatrie werden in der geriatrischen Tagesklinik Menschen behandelt, denen ein etwa drei Wochen langes Reha-Programm helfen kann. Das sind zum Beispiel Patienten mit chronischen Erkrankungen oder Gangstörungen und Bewegungsproblemen aufgrund von Schmerzen, Arthrose, Muskelschwund, Schlaganfällen und Morbus Parkinson. Hier stehen unter anderem das Training motorischer Fähigkeiten, ein Muskelaufbau und Koordinationsübungen auf dem Programm. Im Zentrum der Bemühungen von Dr. Schinköthe und ihrem Team steht dabei, den Patienten die Fähigkeit zu erhalten, den Alltag selbstständig und selbstbestimmt zu meistern.

Selbstwirksamkeit als Schlüssel für Lebensqualität

Dies wird auch mit Blick auf die zunehmende Lebenserwartung der Bevölkerung und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Geriatrie immer bedeutsamer. Die demografische Entwicklung erfordert in der Zukunft ganz wahrscheinlich noch mehr Pflege­leistungen. Zugleich dürfte der Mangel an Pflegepersonal auf absehbare Zeit anhalten. Prävention und Gesundheitskompetenz werden daher immer wichtiger, um chronische Erkrankungen möglichst zu verzögern und die Lebensqualität im Alter aufrechtzuerhalten. Was dafür besonders hilfreich ist, fasst Claudia ­Schinköthe so zusammen: „Wichtig ist, dass es Familie, Hobbys, Haustiere und Freunde gibt, die motivieren, um gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Gegen Schicksalsschläge kann man nichts machen, aber man kann insgesamt resilienter werden. Ich stelle bei unseren Patienten immer wieder fest, dass zu einem erfüllten Leben vor allem im Alter ganz entscheidend die Erfahrung von Selbstwirksamkeit gehört.“

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