Mit einem Zungenschrittmacher können schlafbedingte Atmungsstörungen behoben und die Lebensqualität wieder verbessert werden.
Du hast schon wieder die ganze Nacht geschnarcht!“ – dieser Satz fällt auch in den besten Beziehungen. Doch die wenigsten wissen, dass das Schnarchen Atemaussetzer verursacht. „Wenn nachts die Muskulatur erschlafft, die Zunge zurück in den Rachen sackt und damit die oberen Atemwege versperrt, kommt es zu Apnoen“, erklärt Dr. Stefan Müller, Leitender Oberarzt der Klinik für HNO-Heilkunde. Treten mehr als fünf Aussetzer pro Stunde auf, wird es bereits gefährlich. Für den Schnarchenden selbst gibt es einige Indikatoren, die signalisieren, dass nicht alles in Ordnung ist. Bluthochdruck, Tagesmüdigkeit und andere Stresssymptome sind ernstzunehmende Warnsignale. Aber auch andere Symptome wie Erektionsprobleme und mehrere nächtliche Toilettengänge sind mögliche Symptome für Atemaussetzer. Langfristig können diese nicht nur die Lebensqualität beeinträchtigen sondern steigern das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch Diabetes. „Wer unter vermehrten Atemaussetzern leidet, muss zwingend behandelt werden“, betont der Oberarzt.
Beachtung anatomischer Besonderheiten
Wer unter den entsprechenden Symptomen leidet, der sollte sich von seinem Hausarzt eine Überweisung zu einem Pneumologen, einem Pulmologen oder einer HNO-Praxis geben und sich dort untersuchen lassen. Im Fokus stehen hier vor allem anatomische Besonderheiten im Kopf- und Halsbereich, wie die Größe der Mandeln, eine mögliche Unterkieferfehlstellung oder die Funktionsweise des Kehlkopfdeckels. „Zumeist findet man bei diesen Untersuchungen die Ursache der Schlafapnoe“, sagt Dr. Müller und fügt hinzu: „Der Einfluss der Nase auf Atemaussetzer ist eher gering.“ Außerdem wird eine Polygraphie durchgeführt, bei der Atemstörungen, die Sauerstoffversorgung im Blut und die Herzfrequenz gemessen werden. Lässt sich aus den Werten eine Schlafapnoe mittleren oder schweren Grades diagnostizieren, wird die zu behandelnde Person in einem spezialisierten Schlaflabor weiterbehandelt.
Eine Nacht im Schlaflabor, viele Nächte mit Maske
Dort erfolgt eine Polysomnographie zur Differentialdiagnose von Schlafstörungen und Schlafapnoe-Syndromen. „Bei der Auswertung ist für die weitere Behandlung besonders der Apnoe-Hypopnoe-Index entscheidend, der die Atemaussetzer pro Stunde verzeichnet“, erklärt Dr. Stefan Müller und ergänzt, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Ausmaß von Übergewicht und der Zahl der Atemaussetzer pro Stunde gibt. Deswegen empfiehlt der Oberarzt allen Betroffenen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Sport zu treiben, aber auch auf die Ernährung zu achten, unabhängig von der Therapie durch den Arzt. Um die Schlafapnoe besser unter Kontrolle zu bekommen, erhalten Patienten eine Atemmaske für die Nacht. Nicht alle kommen jedoch damit zurecht. Mittlerweile gibt es neben der Schlafmaske aber auch eine neuartige Therapieform: den Zungenschrittmacher. Das Leben mit einem Zungenschrittmacher Eine Operation wird jedoch nur durchgeführt, wenn der Patient alle Voraussetzungen erfüllt. „Neben einer diagnostizierten Schlafapnoe sollten idealerweise auch relevante HNO-Untersuchungen vorliegen“, so Dr. Stefan Müller. In der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde des Klinikums wird weiterhin der Schlafstatus unter Narkose genau beobachtet und analysiert. „Um eine präzise Therapie mit einem Zungenschrittmacher anbieten zu können, suchen wir den Rachenbereich nach potenziellen Ursachen für die Atemaussetzer ab.“ Bei der eigentlichen ungefähr dreistündigen OP werden zwei Elektroden verpflanzt, die mit einem dünnen Kabel mit dem Zungenschrittmacher verbunden sind. Die Implantation erfolgt über Hals, Schlüsselbein und Brustkorb. Dr. Stefan Müller erklärt die Funktionsweise wie folgt: „Sobald sich der Brustkorb anspannt, meldet sich die dort implantierte Sensoren-Elektrode und detektiert das Atemmuster. Mit der anderen Elektrode wird der Zungennerv während des Schlafens gezielt stimuliert.“ Vor dem Schlafengehen schaltet der Patient den Zungenschrittmacher mit einer Fernbedienung an. Bevor der Zungenschrittmacher nach vier Wochen zum ersten Mal in Betrieb genommen werden kann, muss der Patient zudem nach der OP fünf Tage im Krankenhaus bleiben. Nach drei Monaten wiederum wird die zu behandelnde Person in einem Schlaflabor zur Kontrolle vorstellig, anschließend sollte jährlich mindestens eine Kontrolluntersuchung erfolgen. Die Chance, dass sich ein Schlafapnoe-Problem mit einem Zungenschrittmacher lösen lässt, ist sehr hoch – die Erfolgsquote liegt bei 75 Prozent. Deswegen befürwortet Dr. Stefan Müller das Einsetzen von Zungenschrittmachern, weist aber zugleich auf die aktuell noch bestehenden Nachteile hin: „Neben der Batterieleistung, die zwischen sieben bis zehn Jahren liegt, sind MRT-Untersuchungen bei Patienten mit einem Zungenschrittmacher nur noch in den seltensten Fällen möglich.“ Ganz gleich, für welche Lösung sich Personen mit Schlafapnoe gegenwärtig entscheiden: Wichtig ist, dass das Schnarchen und die Atemaussetzer ein Ende finden und sich ihre Lebensqualität wieder verbessert.