Scheinbar unbekannt und doch in aller Munde
Dr. Ralph Wendt ist seit April dieses Jahres neuer Chefarzt der Klinik für Nephrologie des Klinikums St. Georg. Der Vater von drei Kindern ist außerdem Mitglied im erweiterten Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) und der Ethikkommission der Sächsischen Landesärztekammer. Wir haben mit ihm über die Nachfolge von Prof. Dr. Joachim Beige, seinen Alltag und seine Person gesprochen.
Guten Morgen Herr Dr. Wendt. Nephrologie? Haben viele noch nie gehört. Können Sie uns kurz erklären, mit was Sie sich beschäftigen?
(Lacht) Ja, wir leiden da auch ein bisschen drunter. Die meisten Leute, die über Nierenkrankheiten oder Nephrologie nachdenken, verwechseln uns mit Urologen. Nephrologie ist die Heilkunde der Nieren. Wir Nephrologen halten die Niere für das klügste und wichtigste Organ im Körper. Sie reguliert die essenziellen Vorgänge. Hirn, Herz und Leber können nicht ohne sie funktionieren. Aus meiner Sicht ist die Nephrologie deshalb der Fachbereich, der am komplexesten die Innere Medizin widerspiegelt.
Wie sind Sie zur Nephrologie gekommen und wo haben Sie bisher gearbeitet?
Eigentlich wollte ich Kardiologe werden (lacht). Im Grunde habe ich mich erst während der Facharztausbildung in die Nephrologie verliebt. Mich reizen noch heute die Komplexität des Fachs und die Querverbindungen in alle Bereiche der Medizin. Ich habe in Berlin studiert und danach drei Jahre an der Charité gearbeitet. Auf Empfehlung von Prof. Siegenthaler, einer Koryphäe der Inneren Medizin aus Zürich und Bonn, bin ich nach Bern gegangen. Als einige Jahre später Prof. Beige anrief und mir eine Oberarztstelle am Klinikum St. Georg ans Herz legte, bin ich seinem Ruf gern gefolgt. Die Kollegen in Bern haben sehr von ihm geschwärmt und das tun die Schweizer bekanntlich eher selten. Bis ich seine Nachfolge im April dieses Jahres antrat, haben wir 12 Jahre im Klinikum St. Georg zusammengearbeitet.
Was macht die Nephrologie am Klinikum St. Georg zu etwas Besonderen?
Wir waren die erste zertifizierte Schwerpunktklinik für Nephrologie in ganz Deutschland. In Leipzig gibt es sonst nur am Universitätsklinikum eine weitere nephrologische Abteilung. Für eine Stadt dieser Größe ist das wenig. Außerdem forschen wir für eine nicht universitäre Klinik recht viel, setzen eigene große Studien um und publizieren diese natürlich auch. Von den angehenden Kolleginnen und Kollegen im praktischen Jahr zum Beispiel sind wir in den letzten Jahren hervorragend bewertet worden (pj-ranking.de). Das liegt möglicherweise daran, dass wir auch den jungen Kollegen auf Augenhöhe begegnen. Sie übernehmen bei uns Verantwortung und werden gefördert, aber auch gefordert.
Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte als Chefarzt der Nephrologie in den nächsten Jahren?
Ein zukünftiges Tätigkeitsfeld sehe ich in der Verbesserung der interdisziplinären vernetzten Versorgung von komplexen Patienten. Die gute Infrastruktur, die das Klinikum St. Georg vorhält, ist eine hervorragende Voraussetzung für eine bessere Zusammenarbeit ambulanter und stationärer Systeme. Außerdem möchte ich die Verbindungen zu den niedergelassenen Hausärzten stärken und als Ansprechpartner erkennbar sein. Ich werde schon heute mehrmals täglich von Kollegen in den Praxen kontaktiert, beispielsweise um Symptome oder Laborkonstellationen einzuschätzen. Das wäre in Zukunft unsere Chance, Patientenströme besser lenken zu können und würde sowohl die Notaufnahmen entlasten als auch den Patienten Sicherheit geben. Das System der sogenannten Casemanager allein kann das aus meiner Sicht nicht leisten. Nicht zuletzt möchte ich neue Subdisziplinen wie die Onkonephrologie und die Nephrokardiologie gemeinsam mit den entsprechenden Fachabteilungen mit dem Ziel einer verbesserten spezialisierten Versorgung der Patienten entwickeln und ausbauen. Schließlich ist es mir wichtig, mein gesamtes Wissen aus meinen weitreichenden Studienerfahrungen und meiner langjährigen praktischen Tätigkeit in Kliniken in den Dienst der Patienten zu stellen und unseren hervorragenden Ruf weiter auszubauen.
Sie sind Fan des FC Liverpool. Was begeistert Sie an der Mannschaft einer Stadt, mit der Sie eigentlich nichts zu tun haben?
Ich bin ein Fan von Jürgen Klopp. Er beherrscht die Kunst, Leute zu motivieren und dabei ehrlich, glaubwürdig und transparent zu bleiben. Er hat in Liverpool ein System aufgebaut, in dem die Spieler alles für das Team und den Verein geben. Das mache ich mir zum Vorbild und versuche, Mitarbeiter und Kollegen auf ähnliche Art und Weise zu motivieren und ein eingeschworenes Team zu formen.