Dr. medic. Adrian Nicula leitet seit Oktober 2022 als neuer Chefarzt die Abteilung für Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie im Klinikum St. Georg. Zuvor war der 36-Jährige am Klinikum Kassel als Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie tätig. Er ist Facharzt für Gefäßchirurgie mit der Zusatzbezeichnung endovaskuläre Chirurgie und Fellow of the European Board of Vascular Surgeons. Wir haben mit ihm über seine ersten Eindrücke, seinen Alltag und die Besonderheiten der Gefäßchirurgie gesprochen.
Herr Dr. Nicula, Sie arbeiten schon einige Monate in Leipzig. Haben Sie sich schon etwas einleben können?
Absolut, Leipzig ist eine wirklich schöne und internationale Stadt und ich finde, die Menschen hier sind sehr warmherzig. Das erinnert mich ein wenig an meine rumänische Heimat.
Können Sie uns kurz beschreiben, was ein Gefäßchirurg genau macht?
Als Gefäßchirurgen nehmen wir unter anderem Eingriffe an der Hauptschlagader vor und führen Bypass-Anlagen mit körpereigenem Material zum Erhalt der Beine durch. Wir legen also Umleitungen an verschlossenen Gefäßen vorbei, damit etwa Beine oder Arme weiter durchblutet werden und nicht amputiert werden müssen. In einem Krankenhaus der Schwerpunktversorgung wie dem Klinikum St. Georg kommen wir oft dann ins Spiel, wenn mit anderen Verfahren, wie Stents oder Prothesenbypässe, den Patienten nicht mehr geholfen werden kann und diese als austherapiert betrachtet werden.
Wie darf man sich so eine Verpflanzung vorstellen?
Dafür entnehmen wir bei der zu behandelnden Person den Teil einer oberflächlichen Vene, etwa im Bein oder Arm, und nähen diesen als Bypass ins Bein, wo die eigene Vene das dortige verschlossene oder gerissene Gefäß ersetzt. Der Vorteil gegenüber Kunststoffgefäßen ist, dass körpereigenes Material länger hält und infektionsresistenter ist.
Gab es in den letzten Jahren bedeutsame Neuentwicklungen in der Gefäßchirurgie?
Die Gefäßchirurgie ist ja eine recht junge Disziplin. Deswegen gibt es hier ständig neue Techniken, vor allem in der endovaskulären Chirurgie, wo das Gefäß von innen behandelt wird. Zudem werden die bildgebenden Verfahren immer präziser und die Stents immer zuverlässiger.
Mit welchen Erkrankungen haben Sie es am häufigsten zu tun?
Wir bieten das gesamte Spektrum der Gefäßchirurgie an. Neben Behandlungen der Hauptschlagader wie auch Verkalkungen der Beingefäße behandeln wir auch den sogenannten „Diabetikerfuß“. Hier müssen wir meist komplexe Bypässe zu den Fußarterien legen. Das ist oft die letzte Chance, um das Bein des Patienten zu retten. Bei der Durchführung nutzen wir mikrochirurgische Instrumente wie eine Lupenbrille und nähen dann oft mit extradünnen Fäden, die dünner als ein einzelnes Haar sind — das ist präzise Handwerkerarbeit! (lacht)
Stichwort „Diabetikerfuß“ und „Arterienverkalkung“ — was kann der Einzelne tun, damit er erst gar nicht von Ihnen behandelt werden muss oder es bei der einen Operation bleibt?
Der Einzelne kann sehr viel tun. Grundsätzlich ist immer eine gesunde Lebensweise zu empfehlen. Sie ist somit die beste Vorbeugung. Das bedeutet, dass man sich gesund ernährt, Übergewicht vermeidet und, ganz wichtig, nicht raucht. Weiter sollten der Blutdruck und die Blutfettwerte regelmäßig kontrolliert und ggf. vom Hausarzt behandelt werden.
Und nach der Behandlung?
Für eine gesunde Lebensweise mit reichlich körperlicher Bewegung ist es nie zu spät. Gerade wenn man bereits erkrankt ist. Der Lebensstil sollte also angepasst werden. Weiter empfiehlt sich bei Patienten mit Durchblutungsstörungen ein regelmäßiges Gehtraining. Wenn Patienten später weiter intensiv rauchen und nicht auf Blutdruck und Blutfettwerte achten, ist der Therapieerfolg oft nur kurzweilig. Unser Ziel ist jedoch der langfristige Erhalt einer der funktionsfähigen Extremitäten, um damit die Selbstständigkeit zu erhalten und eine Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Deswegen arbeiten wir eng mit den anderen medizinischen Disziplinen und Ärzten zusammen — den niedergelassenen Arztpraxen, den Radiologen, Diabetologen, Plastischen Chirurgen und Ernährungsmedizinern in unserem Haus.
Was ist in Ihren Augen die größte Stärke Ihrer Abteilung?
Abgesehen davon, dass wir technisch sehr gut ausgestattet sind, ist unsere größte Stärke unsere Motivation und der Mannschaftsgeist. Wir haben sehr engagiertes und qualifiziertes Pflegepersonal und unser Ärzteteam ist fachlich auf dem höchsten Level und harmoniert außergewöhnlich gut.