Das Medizinische Zentrallabor des Klinikums St. Georg ist die Drehscheibe für die Klinische Chemie, Mikrobiologie und Transfusionsmedizin des Klinikums. Dr. Stephan Borte und sein Team analysieren und bewerten in ihren Räumen jeden Tag bis zu 2.500 Proben Blut, Plasma, Gewebe und Nervenwasser. Hier trifft Erfahrung auf modernste Technik.
Seit Januar 2020 hat das Klinikum St. Georg wieder ein zentrales Labor. Die Klinische Chemie, die Klinische Mikrobiologie und molekulare Erregerdiagnostik, die Transfusionsmedizin und Gerinnungsanalytik haben zwar noch eigene Abteilungsleiter, befinden sich seither jedoch alle wieder unter einem Dach. Die Entscheidung für den Zusammenschluss der drei Abteilungen zu einem Zentrallabor stand schon lange im Raum. „Die Idee dahinter ist, viele Routine- und Spezialuntersuchungen an einem Standort zusammenzuführen. So verringern wir die Anzahl externer Untersuchungen und schaffen kurze Wege“, erklärt der Chefarzt des Labors, Dr. Stephan Borte. Die schnelle Übermittlung der Befunde ist jedoch nur ein Vorteil. Viel wichtiger ist, dass bei der Untersuchung im eigenen Haus die anschließende Beratung umfänglicher und zielgerichteter ist als bei Befunden externer Anbieter. Das erleichtert es, für die Patienten passgenaue Medikamente für eine individuelle Therapie zu finden. Im Labor fallen jeden Tag bis zu 2.500 Proben an. Über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten an zwei Standorten in bis zu drei Schichten, die meisten davon als medizinisch-technische Analysten. Sie bereiten die Proben auf, analysieren sie und stellen erste Diagnosen. „Das ist ein klassischer Ausbildungsberuf mit einer Lehrzeit von drei Jahren. Für den Ausbildungsstart 2024 können sich Interessierte noch bewerben“, erklärt Dr. Borte. Voraussetzung sind mindestens ein Hauptschulabschluss, Teamfähigkeit, großes Interesse für den Berufszweig und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein.
Bewährungsprobe Corona
„Wir können durch den Zusammenschluss effektiver arbeiten. Das haben vor allem die großen Herausforderungen während der Pandemie gezeigt“, resümiert Stephan Borte. Mit Beginn der Corona-Pandemie wuchs die Zahl der PCR-Untersuchungen schlagartig von 50 auf über 3.000 am Tag. Nur mit dem eigenen Personal konnten die Mitarbeiter diesen Ansturm nicht bewältigen. Hilfe kam vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. „Eines Morgens standen der Nobelpreisträger Dr. Svante Pääbo und sein Team bei uns im Labor. Sie konnten während des Lockdowns in ihren Räumlichkeiten nicht arbeiten und boten an, uns zu helfen.“ Die Mitarbeiter beider Teams verstanden sich auf Anhieb und konnten in dieser Zeit sogar einige gemeinsame Forschungsergebnisse veröffentlichen. Anfang des Jahres 2021 richteten sie beispielsweise ein Reallabor für ein Leipziger Altenheim ein. Darin testeten sie in einem Zeitraum von vier Wochen täglich alle Besucher und Angestellten per PCR-Test – in Rekordgeschwindigkeit.
Eines von sieben STAKOB-Zentren
Das Klinikum St. Georg hat eines von sieben überregionalen STAKOB-Zentren (Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger) in Deutschland. Damit ist es Kompetenz- und Behandlungszentrum mit eigener Sonderisolierstation für hochansteckende Krankheiten wie Ebola-Fieber oder Lungenpest. „Das haben alle anderen großen Kliniken in Sachsen nicht. Deshalb ist der Fokus auf die Mikrobiologie und Infektionsmedizin bei uns besonders groß“, betont Stephan Borte.
Technik, KI und das menschliche Auge
Das Team um Dr. Borte ist mit modernster Analysetechnologie ausgestattet. Die Möglichkeiten der molekularen Diagnostik und damit einer automatisierten Probenanalyse werden bereits eingesetzt. Dennoch gibt es noch Luft nach oben: „In Zukunft wird Künstliche Intelligenz eine immer wichtigere Rolle im Labor spielen.“ Bald nutzen die Analysten um Dr. Borte diese zur Bewertung von Blutbildern. „Die KI scannt innerhalb von fünf Minuten über eine Million Zellen, das menschliche Auge schafft in der gleichen Zeit nur einige hundert.“ Stephan Borte sieht die Technologie als willkommene Ergänzung, bei der der Mensch als Supervisor das letzte Wort hat und damit die Entscheidung fällt. Auch in allen anderen Laborbereichen geht die Entwicklung unaufhaltsam weiter. Eine Tatsache, die den Alltag von Dr. Stephan Borte nie langweilig werden lässt. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir in zehn Jahren bereits mit künstlichem Blutersatz arbeiten.“ Geforscht wird im Zentrallabor des Klinikums St. Georg sowieso schon fleißig – vor allem im Bereich der Immunologie, also der Körperabwehrerkrankungen wie beispielsweise Rheuma oder autoinflammatorischen Erkrankungen. Eine Behandlung wird dann im ImmunDefektCentrum Leipzig (IDCL) am Klinikum angeboten. Auf diese Weise wird das Krankenhaus seine überregionale Bedeutung als Anlaufstelle für seltene Krankheiten sicher noch ausbauen können.