Mittelohrentzündung

Mittelohrentzündung – nicht auf die leichte Schulter nehmen

Viele Eltern kennen es: Das Kind schreit, hat Fieber und offensichtlich Schmerzen, kann nicht schlafen, trinkt und isst kaum und reibt sich immer wieder das Ohr. All dies sind Anzeichen für eine Mittelohrentzündung – eine der häufigsten Erkrankungen bei Babys und Kleinkindern. Generell gilt eine akute Mittelohrentzündung als gut behandelbar. Achtsamkeit ist jedoch geboten, wenn der Nachwuchs wiederholt unter Entzündungen des Mittelohres leidet, denn diese können schlimmstenfalls zu einem chronischen Paukenerguss und Schwerhörigkeit führen.

Am Klinikum St. Georg erfolgt die Behandlung und Betreuung der Kinder immer interdisziplinär, in diesem Fall durch die Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde in Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Die kleinen Patienten werden so jederzeit optimal medizinisch versorgt und liebevoll betreut.

Meist fängt alles mit einem harmlosen Schnupfen an. In 80 Prozent der Fälle ist ein Virusinfekt der Schleimhäute der oberen Luftwege die Ursache für eine akute Mittelohrentzündung. Dabei gelangen Viren aus dem Nasen-Rachen-Raum über die sogenannte Ohrtrompete in das Mittelohr. In der Folge schwellen die Schleimhäute im Ohr und im Verbindungsgang an. Das Sekret kann dann nicht mehr abfließen, staut sich im Mittelohr und drückt auf das Trommelfell. Binnen weniger Stunden wird der Druck so groß, dass er zu stechenden und pulsierenden Ohrenschmerzen führt. „Säuglinge und Kleinkinder sind sehr viel häufiger von Mittelohrentzündungen betroffen als Erwachsene, weil ihre Ohrtrompete noch so eng ist, dass sie schon bei kleineren Entzündungen zuschwillt“, erklärt Dr. Andreas Boehm, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Klinikum St. Georg in Leipzig. Besonders häufig betroffen sind Säuglinge im ersten Lebensjahr sowie Kleinkinder zwischen vier und sechs Jahren.

Bestätigt der Hals-Nasen-Ohrenarzt oder der Kinderarzt den Verdacht auf eine Mittelohrentzündung, verschaffen in den meisten Fällen abschwellende Nasentropfen bereits nach wenigen Tagen Linderung. Auch Schmerzmittel und im akuten Fall Antibiotika zeigen schnell Wirkung. Nicht selten unterstützt der Körper auch selbst die Heilung: Drückt das im Mittelohr angesammelte Sekret zu stark auf das Trommelfell, reißt dieses ein. Die zähe, manchmal auch mit Eiter und Blut vermischte Flüssigkeit fließt ab und die Schmerzen lassen schlagartig nach. Der so entstandene, meist sehr kleine Riss im Trommelfell verheilt innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen von selbst.

Doch auch wenn der Nachwuchs nach einigen Tagen offensichtlich wieder schmerzfrei ist, bleibt Vorsicht geboten. Denn nach einer akuten Mittelohrentzündung kann es bei Kindern zu einer dauerhaften Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr kommen. Mediziner sprechen dann von einem Paukenerguss. „Bleibt der Paukenerguss unentdeckt und heilt nicht von alleine aus, führt dies zur Verminderung der Hörfähigkeit und im schlimmsten Fall sogar zu einer Entwicklungsstörung des Ohres“, warnt Chefarzt Dr. Andreas Boehm. Ein uneingeschränktes Hörvermögen, vor allem in den ersten drei Lebensjahren, ist jedoch unerlässlich für eine gesunde Sprachentwicklung. „Eine Hörverminderung kann bei Kindern schnell zu sozialer Abgrenzung führen. Wenn sie ihre Mitmenschen nicht mehr oder nur schlecht verstehen, ziehen sie sich zurück. Bei Kindern im schulfähigen Alter wird zudem die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, da sie dem Unterricht nicht richtig folgen können“, erklärt der Spezialist die schwerwiegenden Folgen.

Stellen Eltern fest, dass ihr Kind auch Wochen nach einer ausgestandenen Mittelohrentzündung nicht oder verzögert auf Geräusche, Fragen oder Anweisungen reagiert, sollten sie deswegen unbedingt noch einmal einen Arzt aufsuchen. „Reicht die konservative medikamentöse Therapie nicht aus, um den Erguss zu beseitigen, ist eine operative Therapie erforderlich“, erklärt Chefarzt Dr. Andreas Boehm. Der Eingriff selbst dauert nur wenige Minuten und kann auch ambulant durchgeführt werden. Mithilfe eines kleinen Schnittes im Trommelfell wird die angestaute Flüssigkeit abgesaugt. Wenn der Erguss bereits länger bestand und sehr zähflüssig ist, wird zudem ein sogenanntes Paukenröhrchen eingesetzt. Dieses hält den Trommelfellschnitt offen und garantiert, dass das Mittelohr belüftet wird und die Flüssigkeit abfließen kann. „Wenn das Kind vermehrt unter Mittelohrentzündungen und Atemwegsinfekten leidet, kann auch die Entfernung der Rachenmandeln ratsam sein. Denn diese sind meist die Ursache für häufige Infekte, in deren Folge Entzündungen im Mittelohr entstehen“, fügt der Experte hinzu.