Neue Behandlungsmethode: Fischhaut bei Brandverletzungen

Mai 01, 2024
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Die Mediziner der Kinderchirurgie des Klinikums St. Georg behandeln seit Mitte letzten Jahres thermische Verletzungen bei Kindern mit einem neuen Ersatzmaterial. Dabei verwenden sie die Haut des Kabeljaus, eines Fisches, der vor allem im Europäischen Nordmeer rings um Island gefangen wird.

Bei großflächigen tiefen Brandverletzungen muss das zerstörte Gewebe neu aufgebaut werden. Da hilft oft nur eine Hauttransplantation. „Bisher haben wir dafür ausschließlich die körpereigene Spalthaut der Patienten verpflanzt. Dabei werden an gesunden Stellen zumeist am Kopf Oberhaut (Epidermis) und die oberste Schicht der Lederhaut (Dermis) mit einem Dermatom entnommen“, erklärt Oberärztin Dorothea Meier. Seit Mitte letzten Jahres gibt es in der Klinik für Kinderchirurgie ein neues Verfahren – der Einsatz von Fischhaut als xenogenes, also körperfremdes, Ersatzmaterial.

Wertvolles Abfallprodukt der Fischindustrie

Die aufbereitete Haut des Kabeljaus ist perfekt für diese Anwendung geeignet. Sie enthält keine eigenen Zellen, was das Risiko, vom Körper abgestoßen zu werden, auf ein absolutes Minimum senkt. Außerdem enthält sie jede Menge Omega- 3-Fettsäuren, die entzündungshemmend wirken und den Heilungsprozess beschleunigen. Vor ihrem Einsatz in der Medizin war die Haut des Kabeljaus ein reines Wegwerfprodukt der Fischindustrie. Die Fische, deren Haut verwendet wird, stammen alle aus Wildfang im Europäischen Nordmeer vor Island.

Spalthauttransplantation oder Fischhaut

„Der Vorteil der neuen Methode ist, dass wir bei den Kindern keine Spalthaut entnehmen müssen. Das überzeugt einige Eltern, sich für die Fischhaut zu entscheiden“, resümiert Dorothea Meier. Die Erziehungsberechtigten wollen jede zusätzliche Belastung von ihren Kindern fernhalten. Die Fischhaut ist außerdem entzündungshemmend und macht das Narbengewebe flexibler. Sie kann an allen Körperstellen bei tief dermalen (zweitgradigen), begrenzt auch drittgradigen thermischen Verletzungen eingesetzt werden. Sie enthält jede Menge Kollagene und lässt sich, wie auch die Spalthaut, im sogenannten Meshgraft-Verfahren sehr gut aufarbeiten. Dabei wird die präparierte Fischhaut zu einer Art Gitternetz gepresst, das sich leichter auf der Wunde ansiedeln lässt und auch größere Flächen bedecken kann. Die Kosten für das neue Verfahren sind sehr hoch, werden aber von allen Krankenkassen übernommen. Bei der Spalthauttransplantation heilen die Wunden innerhalb von zehn Tagen, bei der Fischhaut-Methode dauert es zwischen drei und vier Wochen.

Erfahrungen mit beiden Verfahren

„Wenn die Verletzung den Einsatz von Fischhaut erlaubt, stellen wir im Erstgespräch mit den Eltern beide Verfahren vor und unsere Empfehlung“, erklärt Dorothea Meier. Die Spalthauttransplantationen ist eine seit Jahrzehnten bewährte Methode. Die Erfahrungen damit sind weitreichend und fundiert. Fischhaut haben Meier und ihr Team bisher bei fünf Kindern im Alter von einem bis 13 Jahren als Alternative zur Spalthauttransplantation eingesetzt. Die Ergebnisse sind durchweg überzeugend. „Alle bisherigen Operationen haben gezeigt, dass Transplantationen mit Fischhaut sehr gut funktionieren. Die Ergebnisse sind kosmetisch und funktionell denen der Spalthauttransplantation gleichwertig.“

 

Informationen für Familien nach Verbrennungs- und Verbrühungsunfällen erhalten Sie unter www.paulinchen.de.

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