Patientenfall: Seltener Lungenkrebs

Der Pancoast-Tumor – im Volksmund auch Ausbrechertumor genannt – ist eine schnell fortschreitende Form des Lungenkrebses. Er ist nicht nur schwer zu diagnostizieren, sondern bedarf auch einer sehr komplexen und schwierigen Behandlung.  

Der Pancoast-Tumor greift aufgrund seiner speziellen Lokalisation in der oberen Thoraxöffnung im fortschreitenden Stadium auf Rippen, Halsweichteile, Armnervengeflecht und Wirbel über – und ruft dadurch charakteristische Symptome hervor. Dazu gehören unter anderem Schulter- und Armschmerzen, Thorax- und Rückenschmerz sowie „einschlafende“ Arme und Muskelschwund. „Häufig wird die Beschwerdesymptomatik bei der ersten Arztkonsultation im Sinne von rheumatischen oder degenerativen Gelenkbeschwerden fehlgedeutet, was wiederum zu einer Verzögerung der Diagnostik führt“, weiß Dr. Axel Skuballa, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie am Klinikum St. Georg und Leiter des Lungenkrebszentrums Leipzig-Nordwest.

Aufgrund der engen Lagebeziehung des Tumors zu lebenswichtigen Strukturen ist die Behandlung sehr komplex und schwierig. Sie sollte deshalb an spezialisierten Zentren erfolgen. Solche Bedingungen sind idealerweise an zertifizierten Lungenkrebszentren gegeben, da diese über entsprechende Erfahrungen und die notwendige Expertise verfügen. Im Lungenkrebszentrum Leipzig-Nordwest, das erst kürzlich durch die Deutsche Krebsgesellschaft als 58. Lungenkrebszentrum in Deutschland zertifiziert wurde, ist ein Patient mit dieser speziellen Tumorerkrankung erfolgreich behandelt worden.

Nach entsprechender Vordiagnostik in einem auswärtigen Krankenhaus erfolgte die Komplettierung in der Klinik für Pneumologie der Robert-Koch-Klinik. Danach wurde der Fall des Patienten im Tumorboard des Lungenkrebszentrums besprochen. Im konkreten Fall entschieden sich die Experten für ein multimodales Therapiekonzept mit neoadjuvantem Therapieansatz. „Das bedeutet eine Kombination aus mehreren Behandlungsformen, die eine Operation einschließen. Ziel dieses Konzepts ist es, durch eine Vorbehandlung den eigentlichen Tumor zu verkleinern und dadurch eine komplette chirurgische Entfernung des Tumors zu ermöglichen. Dies erreicht man durch eine Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie“, erklärt Dr. Axel Skuballa.

Nach solch einer aggressiven Therapie ist eine Gewebeerholungsphase erforderlich, um die Wundheilung nach einer Operation nicht zu gefährden. In der Zwischenzeit werden alle Daten des Patienten nochmals im Tumorboard besprochen und endgültig entschieden, ob der Patient von einer OP profitiert. Bei diesen Tumoren kann es erforderlich sein, dass vor der eigentlichen OP die Expertise zusätzlicher Fachexperten eingeholt werden muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn zu beurteilen ist, ob Nachbarstrukturen in den Tumorprozess einbezogen sind und ob diese erhalten, mit entfernt oder beispielsweise ersetzt werden können. Im hier demonstrierten Fall bedeutete dies die Hinzuziehung des Fachrates von Angiologen, Gefäßchirurgen, Neurochirurgen und Traumatologen. Für den nachfolgenden ausgedehnten Eingriff waren neben der Teilresektion der hinteren Brustwand unter Beteiligung mehrerer Rippen die Entfernung von Teilen der Brustwirbelsäule und deren anschließende Stabilisierung erforderlich.

„Der Tumor konnte komplett entfernt werden und der Patient hat sich inzwischen gut von dem schweren Eingriff erholt“, freut sich der Leiter des Lungenkrebszentrums.

Dem Patienten brachte die Behandlung in einem Lungenkrebszentrum zwei wesentliche Vorteile: Zum einen stand ihm für die komplexe Behandlung die Expertise aller erforderlichen Fachdisziplinen zur Verfügung. Zum anderen werden durch die Konzentration der angebotenen Leistungen –
von Diagnostik über die Therapie bis hin zur Nachsorge – wertvolle Zeit und Wege gespart. Der Patient erhält schneller eine angemessene Lebensqualität zurück. Aus den genannten Gründen wird die Tumorbehandlung in ausgewiesenen zertifizierten Zentren auch durch Politik, Krankenkassenverbände und Patientenorganisationen unterstützt und gefördert.