Dr. Amir Hamza im Interview

September 14, 2015
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15_p_hamza_053_angepasstProstatakrebs früh erkennen und individuell richtig behandeln

Mit dem Alter steigt das Risiko für Männer, an Prostatakrebs zu erkranken. Die bisher einzige Früherkennungsmethode ist der sogenannte PSA-Test (prostataspezifisches Antigen). Die Untersuchung ist jedoch umstritten, da ein erhöhter PSA-Wert zwar auf einen Tumor hindeuten, aber auch viele andere Ursachen haben kann. Im Interview erläutert Dr. Amir Hamza, Chefarzt für Urologie und Andrologie am Klinikum St. Georg, warum er den Test dennoch für wichtig erachtet.

Herr Dr. Hamza, wie schätzen Sie die Gefahr ein, an Prostatakrebs zu erkranken, und wem empfehlen Sie, zur Vorsorge zu gehen?

Der Prostatakrebs ist leider eine Erkrankung, die viele Männer betrifft. Rund 75.000 Neuerkrankungen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland diagnostiziert. Das ist eine sehr hohe Zahl. Deshalb empfehle ich allen Männern ab 45 Jahren, eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung beim Urologen in Anspruch zu nehmen. Sind die Werte in Ordnung, reicht es, sich alle drei Jahre erneut beim Arzt vorzustellen. Gibt es Auffälligkeiten, muss genauer hingeschaut werden. Eine häufigere Kontrolle mindestens einmal pro Jahr ist dann die Regel.

Was erwartet den Patienten bei der Untersuchung?

Jemandem, der sich das erste Mal bei mir vorstellt, empfehle ich, den PSA-Test zu machen. Dafür wird ein kleines Röhrchen Blut abgenommen. Zwar ist die Untersuchung in der Kritik, da sie kein eindeutiges Indiz für oder gegen Prostatakrebs ist, dennoch  halte ich sie für sinnvoll, um einen ersten Anhaltspunkt zu gewinnen. Es gibt derzeit keine andere Methode, einen Tumor frühzeitig zu erkennen. Der Test wird jedoch nicht von der Krankenkasse übernommen. Die Kosten von rund 25 Euro müssen vom Patienten selbst getragen werden. Eine Investition, die ich allerdings für wichtig erachte.

Wie funktioniert der PSA-Test?

PSA ist ein Enzym, das von den Prostatazellen produziert wird. Es dient unter anderem der Verflüssigung des Spermas. In bestimmten Situationen kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung dieses Eiweißes, beispielsweise beim Fahrradfahren, bei akuten Entzündungen oder aber bei einem Tumor. Unauffällig sind Werte zwischen 1 und 4. Liegt die Zahl darüber, sollte genauer untersucht werden, was die Ursachen dafür sind. Ein erhöhter Wert ist jedoch kein definitives Anzeichen für Prostata- krebs. Auch altersbedingte oder gutartige Veränderungen der Prostata führen zu höheren Werten.

Was passiert, wenn ein erhöhter Wert festgestellt wurde?

Der PSA-Wert hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Sowohl das Alter des Patienten wie auch die Größe der Pros- tata spielen eine Rolle. Wichtige Fragen sind zudem, welche Beschwerden der Patient im Vorfeld hatte oder ob es bereits Fälle von Prostatakrebs in der Familie gab. Die Werte sind deshalb sehr differenziert zu betrachten und lassen nicht sofort auf Krebs schließen. Besteht ein akuter Verdacht, führen wir eine Biopsie des Gewebes durch. Bestätigt sich die Vermutung auch hier, können in individueller Absprache weitere Schritte eingeleitet werden.

Wie sehen diese aus?

Das hängt vom konkreten Fall ab. Es gibt keine alleinig richtige Therapiemethode. In Abhängigkeit vom Alter und den persönlichen Befindlichkeiten des Patienten spreche ich mit ihm individuelle Lösungen durch. Die Möglichkeiten reichen von einer Operation und der kompletten Entfernung der Prostata über Bestrahlung und Medikamentengabe bis zur aktiven Überwachung des Karzinoms. Der Prostatakrebs wächst oft nur sehr langsam. Manchmal so langsam, dass er gar nicht behandelt werden müsste und eine regelmäßige Kontrolle ausreicht. Da diese Situation für viele natürlich sehr belastend ist, wird jedoch häufig eine Operation gewünscht. Trotz deutlich verbesserter OP-Techniken kann das Risiko, danach an Impotenz oder Inkontinenz zu leiden, allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Gibt es Möglichkeiten, der Erkrankung vorzubeugen?

Es hängt viel von den genetischen Faktoren ab. Gibt es bereits Fälle in der Familie, ist das Risiko, selbst Prostatakrebs zu bekommen, deutlich erhöht. Doch auch die Ernährung macht viel aus. Gut beraten ist man mit weniger Fleisch und Fett. Stattdessen sollten mehr Gemüse und Fisch auf dem Speiseplan stehen. Der regelmäßige Gang zum Arzt ist ein weiterer wichtiger Baustein. Derzeit unterziehen sich nur rund 20 Prozent aller deutschen Männer einer Untersuchung zur Früherkennung. Das sind noch zu wenig. Bei einer rechtzeitigen Diagnose und einer gezielten Behandlung liegen die Heilungschancen bei rund 90 Prozent.

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