Individuell angepasste Therapien sind aber in der Lage, den Verlauf zu beeinflussen und die Auswirkungen der neurobiologischen Erkrankung zu reduzieren.
ADHS gehört zu den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern. In erster Linie fallen die Betroffenen vor allem durch ihre körperliche Unruhe auf. Sie sind leicht ablenkbar, finden alles gleich interessant und können nicht für längere Zeit still sitzen. Es gibt drei Untergruppen von ADHS: den kombinierten Typ, bei dem Unaufmerksamkeit, Impulsivität und vermehrte Unruhe auftreten, den Typ, bei dem vorwiegend die Unaufmerksamkeit im Vordergrund steht, der sogenannte Träumer, und den hyperaktiv-impulsiven Typ, den Zappelphilipp. In Deutschland leiden schätzungsweise über 500.000 Schulkinder unter der ADHS-Krank- heit. Jungen sind vier Mal häufiger als Mädchen betroffen, wobei sich der Geschlechter- unterschied mit den Jahren wieder ausgleicht, erklärt Professor Dr. med. habil. Thomas Richter, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Fachkrankenhaus Hubertusburg, das zur St. Georg Unternehmensgruppe gehört.
In der Wermsdorfer Kinderklinik beschäftigt sich besonders Frau Dr. med. Birgitt Meier mit dieser Problematik. In ihrer Ermächtigungssprechstunde werden viele Patienten mit ADHS vorgestellt. ADHS beruht zum einen auf einer Störung des Stoffwechsels bestimmter Botenstoffe im Gehirn, das sind Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Ursachen können zum Beispiel Geburts- und Schwangerschaftskomplikationen sowie Alkoholkonsum und Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft sein. Zum anderen ist ADHS mit einer Erblichkeit von 60 bis 70 Prozent eine der am stärksten weitergegebenen Erkrankungen. Noradrena- lin und Dopamin sind wichtig für die Aufmerksamkeit, den Antrieb und die Motivation. Die Impulskontrolle hingegen wird vom Serotonin geregelt. Bei Kindern mit ADHS können diese Neurotransmitter die Informationen zwischen den Gehirnzellen nur unzureichend weitergeben. Davon betroffen sind Gehirnabschnitte, die für die Aufmerksamkeit, die Ausführung und Planung, die Konzentration und die Wahrnehmung verantwortlich sind, erläutert Dr. Meier. Ein Kind, das unter ADHS leidet, kann sich nur schwer konzentrieren, weil sein Gehirn nicht in der Lage ist, Informationen zu filtern. Wichtiges kann nicht von Unwichtigem unterschieden werden, sodass es zu Reizüberflutungen kommt. Häufig lässt sich die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung aber nur
schwer von altersgemäen Verhaltensweisen abgrenzen.
Nicht jedes besonders lebendige Kind hat automatisch ADHS. Wichtig ist deshalb eine genaue Diagnostik durch einen Kinder- und Jugendarzt, ergänzt Dr. Meier. Mit welcher Therapiemethode das Kind behandelt wird, muss individuell abgestimmt werden und wird je nach Schweregrad der Erkrankung angepasst. In den meisten Fällen hat sich eine multimodale Therapie bewährt, die sich aus einer Kombination von Medikamenten, einer Verhaltenstherapie und Elterntraining zusammensetzt.