Karpaltunnelsyndrom – wenn die Hände ihren Dienst versagen

Vor allem ältere Menschen kennen das: die Finger kribbeln, fühlen sich taub an oder tun weh. Schuld daran ist in den meisten Fällen das sogenannte Karpaltunnelsyndrom, bei dem ein bestimmter Nerv im Handgelenksbereich – der Medianus-Nerv – eingeengt wird. Rund zehn Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden unter einer derartigen Einengung, Frauen noch sehr viel häufiger als Männer.

>> Der Karpaltunnel ist ein bindegewebeartiges Querband über dem Handwurzelknochen, durch den sich nicht nur die Sehnen der beugenden Fingermuskeln ziehen, sondern auch der Medianus- bzw. mittlere Armnerv. Dieser ist für die Empfindungsfähigkeit des Daumens, Zeige- und zum Teil auch Mittel ngers zuständig. Außerdem steuert er bestimmte Handund Fingermuskeln. Wird der Raum innerhalb des Karpalkanals zu eng, beispielsweise aufgrund einer anatomischen Veranlagung oder aufgrund einer durch Überlastung hervorgerufenen Schwellung, kommt es zur Reizung des Nervs. Vor allem Menschen, die einem körperlichen Beruf nachgehen, sind häufig vom Karpaltunnelsyndrom betroffen. Dazu gehören unter anderem Bauarbeiter und Monteure, aber auch Polsterer, Landwirte und Reinigungskräfte – Berufe, in denen das Handgelenk durch wiederholtes Abknicken stark belastet wird. Ursachen für eine Verengung können aber auch Krankheiten wie Rheuma, Funktionsstörungen an der Schilddrüse oder eine Nierenschwäche sein.

Unbehandelt kann das Karpaltunnelsyndrom später zu einer bleibenden Nervenschädigung mit anhaltender Gefühllosigkeit von Daumen und Mittelfinger oder sogar einer Lähmung führen. Betroffene sollten deswegen schon bei ersten Symptomen einen Arzt aufsuchen.

„Erste Anzeichen sind das nächtliche Einschlafen der Hände, ein Kribbeln in Daumen, Zeige- oder Mittelfinger und leichte Missempfindungen. Leider nehmen viele Menschen diese Warnsignale auf die leichte Schulter und suchen erst bei anhaltend starken Schmerzen einen Arzt auf“, erklärt Prof. Thomas Kremer, Chefarzt der Klinik für Plastische und Handchirurgie im Klinikum St. Georg Leipzig.

Die Mediziner können bereits mit einfachen Tests feststellen, ob möglicherweise ein Karpaltunnelsyndrom vorliegt oder ob es andere Ursachen gibt. Dazu gehört beispielsweise der Empfindungstest mit einem Wattebausch oder die Aufforderung, kleine Gegenstände wie Münzen oder Büroklammern zu greifen. Verhärtet sich der Verdacht, wird schließlich eine neurologische Untersuchung mit Hilfe einer Elektroneurografie verordnet, um die Einengung einwandfrei zu diagnostizieren.

Im Falle einer frühzeitigen Diagnose kann das Karpaltunnelsyndrom mit einer konservativen Therapie – beispielsweise einer nächtlichen Schiene, die das Handgelenk ruhigstellt – behandelt werden. Tritt dennoch keine Besserung ein oder aber die Beschwerden sind schon zum Zeitpunkt der Diagnose zu stark, dann ist ein operativer Eingriff unumgänglich. „Es gibt zwei bewährte Operationsmethoden: Die off ene und die endoskopische Operation. Bei der offenen Karpaltunnelsyndrom-Operation wird das Karpalband, das sich über der Knochenrinne am Handgelenk beendet, durchtrennt, um anschließend das Gewebe, das den Nerv einengt, zu entfernen“, erklärt der Chefarzt. Bei der endoskopischen Methode erfolgt der maximal zwei Zentimeter große Hautschnitt quer in der Beugefalte des Handgelenkes. „Im Ergebnis sind beide Verfahren gleichwertig. Im Regelfall können jedoch Patienten nach einem endoskopischen Eingriff das Handgelenk früher wieder belasten“, erklärt der Spezialist den Unterschied.

Welches operative Verfahren im Einzelfall angewendet wird, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. „Am Klinikum St. Georg in Leipzig besprechen wir die Vor- und Nachteile individuell mit jedem Patienten“, so Prof. Thomas Kremer.