Roberto überlebt über 1000 Volt!
Mit einem Lächeln im Gesicht kommt Roberto im Dezember 2017 zum Untersuchungstermin ins Klinikum St. Georg – zu Fuß. Professor Dr. Thomas Kremer begrüßt den jungen Mann mit den Worten: „Ich freue mich zu sehen, wie gut Sie laufen.“ Denn nach einem Unfall war Roberto wochenlang ans Bett gefesselt.
>> Am 22. Juli 2017 wurde der 22-Jährige sprichwörtlich aus dem Leben gerissen. Bei einer Parkour-Trainingseinheit gerät er mit seinem Kopf an eine Hochspannungsleitung, über 1000 Volt durchfließen seinen Körper, treten am rechten Fuß wieder aus. Nachdem er in einem Dresdner Klinikum erstversorgt wurde, wird er per Rettungshubschrauber in das Schwerbrandverletztenzentrum des Klinikums St. Georg gebracht. „Nur wenige spezialisierte Zentren können derartig lebensgefährliche Verletzungen wie diese behandeln. Aufgrund des Stromunfalles waren Teile der Schädeldecke sowie die gesamte Fußmuskulatur rechts abgestorben. Zudem hat der Stromfluss im ganzen Körper Nerven und Muskulatur geschädigt“, erklärt Professor Dr. Thomas Kremer, Leiter des Schwerbrandverletztenzentrums. In insgesamt sieben, zum Teil mehrstündigen Operationen wurde zunächst das abgestorbene Gewebe entfernt, anschließend führten die Spezialisten eine Defektrekonstruktion an Schädel und Fuß durch. Hierfür wurden Haut- und Gewebetransplantate von Rücken und Oberschenkel des Patienten entnommen.
Die Wochen der Heilung sind für Roberto nicht nur physisch schmerzhaft, sondern auch eine psychische Belastung. „Der Sport hat mein Leben bestimmt, ich bin leidenschaftlicher Capoeira-Sportler, habe nahezu jeden Tag trainiert. Und plötzlich war ich ans Bett gefesselt, habe 24 Stunden täglich auf eine weiße Wand gestarrt – das war das schlimmste für mich“, erzählt der gebürtige Brasilianer, der in Dresden lebt. Rund 14 Kilogramm Muskelmasse hat er während der Zeit im Klinikum verloren. Seine Nerven waren so stark geschädigt, dass er nicht mehr laufen konnte. „Ich war zeitweise so schwach, dass ich nicht einmal meine Zahnbürste halten konnte.“
Nach circa fünf Wochen wurde der 22-Jährige schließlich am 1. September in die unmittelbar anschließende Reha entlassen, in der er durch intensive Physiotherapie wieder laufen lernte. Schritt für Schritt kämpfte er sich in sein früheres Leben zurück. „Die Reha-Phase war nicht immer einfach. Denn der Kopf will sehr viel mehr, als der Körper leisten kann. Das ist natürlich frustrierend.“ Inzwischen ist Roberto wieder gut unterwegs zu Fuß, war in der Woche vor dem Untersuchungstermin sogar das erste Mal wieder joggen. Sein Ziel: Möglichst schnell wieder in das Capoeira-Training einsteigen. Doch bis dahin liegt noch ein weiter Weg vor dem jungen Mann. „Alle sechs Wochen kommt Roberto zur Nachuntersuchung ins Schwerbrandverletztenzentrum. Zudem werden wir in jeweils einer weiteren Operation an Kopf und Fuß die Lappenplastiken weiter ausdünnen, damit die Narben nicht mehr so stark sichtbar sind. Anschließend wird er sich in einer Spezialklinik einer Haartransplantation unterziehen, um die momentan kahle Stelle am Kopf zu verschließen. Danach gibt es jährliche Kontrolltermine“, erklärt Professor Dr. Kremer, der den Patienten seit August betreut und zuvor an einem der größten Schwerbrandverletztenzentren Deutschlands in Ludwigshafen tätig war.
Das Schwerbrandverletztenzentrum am Klinikum St. Georg behandelt jährlich bis zu 200 Brandverletzte. Als einziges Zentrum dieser Art in Sachsen behandelt es nicht nur Brandverletzte aus dem gesamten Bundesland, sondern auch aus den angrenzenden Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Bayern.