Prof. Dr. Hartmann im Interview

April 01, 2015
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Das Herz ist das zentrale Organ für den gesamten Kreislauf. Der faustgroße Hohlmuskel pumpt Blut in alle Gefäße und versorgt so jedes Gewebe mit Sauerstoff. Was passiert, wenn es aus dem Takt gerät, erläutert Prof. Dr. Andreas Hartmann, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin im Klinikum St. Georg.

Prof. Dr. Hartmann, woran merkt man, dass mit dem eigenen Herzen etwas nicht stimmt?
Die Anzeichen dafür sind sehr vielfältig. Herzerkrankungen können zu Luftnot, allgemeiner Schwäche oder einer geringeren Leistungsfähigkeit führen. Insbesondere bei Durchblutungsstörungen spüren Betroffene einen Druckschmerz in der Brust. Diese Brustenge bezeichnet der Mediziner als Angina Pectoris.

Wie gefährlich sind Herzbeschwerden?Screenshot 2015-03-31 16.21.33
Sie können harmlos sein, zum Beispiel wenn sie Ausdruck von temporärem Stress sind. Anderseits können Herzerkrankungen aber auch lebensgefährlich sein, wie beim Herzinfarkt. Dann sollten Betroffene sofort die 112 anrufen.

Welche Herzerkrankungen kommen am häufigsten vor?
Durchblutungsstörungen werden oft diagnostiziert. Diese treten zum Beispiel auf, wenn die Herzkranzgefäße verkalkt sind und sie dadurch das Herz nicht mehr optimal mit Blut versorgen. Nicht weniger selten leiden Patienten unter Herzinsuffizienz. Dabei ist die Pumpleistung des Herzens eingeschränkt, weil der Herzmuskel geschwächt ist. Zu den typischen Herzerkrankungen gehört darüber hinaus der Herzklappenfehler. Vier Klappen am Herzen steuern die Blutströme. Diese Ventile können zum Beispiel verengt sein oder nicht mehr richtig schließen. Zudem leiden viele Menschen an Herzrhythmusstörungen. Tritt der unregelmäßige Herzschlag nur gelegentlich oder in geringem Ausmaß auf, bemerken die Betroffenen oft gar nichts davon. Herzrhythmusstörungen können allerdings auch ein Hinweis auf eine schwere Erkrankung sein.

Wer ist besonders anfällig?
Es gibt klassische Risikofaktoren. Dazu gehören Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel. Männer und Ältere sind häufiger betroffen. Auch erhöhte Blutfettwerte, das sogenannte Cholesterin, schädigen das Herz.

Wie sieht ein herzgesunder Lebensstil aus?
Es kommt auf eine gesunde und mobile Lebensweise an. Dabei spielt eine ausgewogene, faserreiche Ernährung eine große Rolle. Risikopatienten sollten beispielsweise mehr pflanzliche als tierische Fette zu sich nehmen und zwei Mal pro Woche Fisch essen. Wer zudem auf sein Gewicht achtet und sich regelmäßig bewegt, kann das Risiko erheblich reduzieren.

Wo können sich Betroffene hinwenden?
Bei Herzbeschwerden ist ein Besuch beim Hausarzt unbedingt notwendig. Er erstellt ein Risikoprofil und ordnet gegebenenfalls Zusatzuntersuchungen an. Erkannt werden können Veränderungen am Herzen beispielsweise durch ein Belastungs- und Langzeit-EKG oder eine Echokardiographie – das ist ein Ultraschall vom Herzen. Treten die Beschwerden allerdings in Ruhe beziehungsweise schon bei geringster Belastung auf, muss der Patient sofort in die Notaufnahme. Immerhin 40 Prozent der Menschen, die zuhause einen Herzinfarkt erleiden, sterben. Also besser einmal zu viel die 112 anrufen und die Schmerzen vom Fachmann abklären lassen, als einmal zu wenig.

Wie ist der Ablauf, wenn der Rettungsdienst einen Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Klinikum St. Georg bringt?
Die Sanitäter informieren bereits während der Fahrt die Notaufnahme. Hier untersuchen die Ärzte den Patienten gründlich. Das Notfallteam arbeitet eng mit der Chest Pain Unit, der Brustschmerzeinheit, des Klinikums St. Georg zusammen. Sofort wird ein EKG gemacht, Blut abgenommen und bei Bedarf auch eine Echokardiografie durchgeführt. Im Herzkatheterlabor können wir das verengte oder verschlossene Herzkranzgefäß, das den Infarkt verursacht hat, mit einem Ballon oder einem Stent – einer Gefäßstütze – wieder weiten beziehungsweise öffnen.

Was passiert genau im Katheterlabor?
Wir führen einen dünnen, biegsamen Kunststoffschlauch – den sogenannten Katheter – über die Gefäße am Handgelenk oder an der Leiste ein und schieben ihn bis in die Herzkammern vor. Die Lage des Katheters kontrollieren wir mittels Röntgendurchleuchtung. Bei Bedarf nutzen wir Kontrastmittel, um die Herzkranzgefäße darzustellen. An der Engstelle wird der am Katheter befestigte Ballon, der 1,5 bis 5 Millimeter groß ist, aufgeblasen. Dadurch weitet sich das Gefäß. Zur Stabilisierung kann zusätzlich ein Stent eingesetzt werden. Das netzartige Metallröhrchen wird zusammen mit dem Ballon geweitet und bleibt dann an der Gefäßwand haften.

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