Riskante Gefässerweiterung – Wie Aneurysmen entstehen und behandelt werden

September 14, 2018
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Als Aneurysmen werden in der Medizin krankhafte Erweiterungen von Blutgefäßen bezeichnet. Sie bilden sich in den meisten Fällen entlang der Arterien, die sauerstoff reiches Blut vom Herzen weg zu den Organen und Muskeln des Körpers transportieren. Von einer Arterienerweiterung ist am häufi gsten die Hauptschlagader (Aorta) betroff en, die vom Herzen durch den Brust- und Bauchraum verläuft. Die Bauchaorta ist dabei wesentlich häufi ger als die Brustaorta betroff en. Dr. Gert Hennig, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie im Klinikum St. Georg, erläutert Entstehung und Behandlungsmöglichkeiten.

Mit einem Anteil von über 90 Prozent ist das Bauchaortenaneurysma die am meisten diagnostizierte Form der Gefäßerweiterung. Hauptrisikogruppe sind Männer ab dem 65. Lebensjahr, sie trifft es fünfmal häufiger. Ursache Nummer eins ist eine Schwächung der Gefäßwände, die in über 80 Prozent der Fälle von einer fortgeschrittenen Arterienverkalkung ausgelöst wird. Bei der sogenannten Arteriosklerose entstehen zunächst krankhafte Ablagerungen von Cholesterin und anderen Fetten an der inneren Wandschicht arterieller Blutgefäße. Wird die Gefäßwand dabei so geschwächt, dass sie sich ausweitet oder aussackt, bildet sich ein Aneurysma. Bei zu hohem Druck können die Gefäßwände reißen, wodurch es zu inneren Blutungen kommt. Die Ärzte sprechen hier von einer lebensbedrohlichen Arterienruptur. Ab einem Durchmesser von fünf bis fünfeinhalb Zentimetern bei Männern sowie viereinhalb Zentimetern bei Frauen erhöht es sich unverhältnismäßig. Deshalb gilt ab dieser Größe grundsätzlich die Behandlungsempfehlung.

Da Aneurysmen selten Beschwerden verursachen, bleibt ihre Entstehung oft lange unbemerkt. Typische Beschwerden sind Schmerzen im Oberbauch, häufi g in den Rücken ausstrahlend. Meist werden Bauchaortenaneurysmen allerdings zufällig bei einer Routineuntersuchung entdeckt: Wenn der Arzt den Bauch abtastet oder im Zusammenhang mit bildgebenden Verfahren, wie beispielsweise Ultraschall (Sonographie) oder Computertomographie (CT). Nicht selten ist auch das gefürchtete „Platzen“ das erste Zeichen. Wegen der dann deutlich schlechteren Überlebensaussichten gilt aus ärztlicher Sicht natürlich, dass die Diagnose zuvor gestellt wird! Für die mit Abstand am häufi gsten betroff ene Risikogruppe, also Männer ab dem 65. Lebensjahr, gibt es seit Anfang dieses Jahres die Möglichkeit zur Früherkennungsuntersuchung mittels Ultraschall. Hier kann mit einer einfachen und in vielen Praxen durchführbaren Untersuchung festgestellt werden, ob ein Aneurysma vorliegt oder nicht. Bei normalem Befund bleibt es bei der einmaligen Untersuchung, fi ndet sich eine Aussackung, können entweder weitere Kontrollen oder eine rechtzeitige Behandlung geplant werden.

Das Gefäßzentrum am Klinikum St. Georg greift für Diagnostik und Behandlung auf die umfangreichen Erfahrungen von Gefäßspezialisten zurück. Anhand der jeweiligen Befunde wird für jeden Patienten die notwendige und individuell passende Therapie festgelegt. Dabei arbeiten die Mediziner interdisziplinär – alle notwendigen Fachrichtungen sind am Klinikum vorhanden. Für die Behandlung von Bauch- und Brustaortenaneurysmen nutzen die Experten zwei Verfahren: „Die off ene Operation, bei der das Aneurysma beseitigt und durch eine Kunststoff prothese ersetzt wird, und die endovaskuläre Aneurysmenausschaltung, kurz EVAR. Hier wird mit Kathetern eine Stent-Prothese (mit Kunststoff ummanteltes Drahtgefl echt) in das Aneurysma eingesetzt, das Blut fl ießt dann nur noch durch den Stent“, erklärt Dr. Hennig. Der Vorteil der EVAR-Methode liegt in der minimalinvasiven Operationstechnik – für den Eingriff sind lediglich zwei kleine Schnitte in der Leiste notwendig. Allerdings lassen die anatomischen Gegebenheiten, sprich die Beschaff enheit der Zugangsgefäße und die Lage des Aneurysmas dieses schonende Verfahren nicht immer zu. Zudem sind nach der Operation regelmäßige Kontrollen (per Ultraschall oder CT) notwendig, um mögliche „undichte Stellen“ auszuschließen. Insofern kann entweder sofort oder auch im Verlauf eine off ene Operation notwendig werden. „Obwohl wir mittlerweile die meisten Patienten endovaskulär behandeln, ist die off ene Operation ebenfalls eine sehr sichere Behandlungsmethode“, führt Dr. Hennig aus. Und wer konventionell operiert wird, erspart sich die nachträglichen Kontrolluntersuchungen, die bei der EVAR einmal pro Jahr zwingend erforderlich sind.

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