Wie die Seele den Körper beeinflusst – Psychosomatische Erkrankungen bei Kindern

März 01, 2018
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Körperliche Reaktionen auf seelische Belastungen kennt jeder: Bauchweh, Herzklopfen, ein flauer Magen oder ein Kloß im Hals – Phänomene, die in psychisch anstrengenden Situationen entstehen. Wenn aber das eigene Kind betroffen ist, fühlen sich viele Eltern hilflos. Treten diese körperlichen Reaktionen vermehrt bei diesem auf und wirken sich einschränkend auf das Leben des Kindes aus, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

>> Die Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter ist ein umfangreiches Gebiet, das für die Kinderheilkunde und die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie eine große Rolle spielt, weil seelische und körperliche Vorgänge eng zusammenhängen. „Bei psychosomatischen Störungen steht die emotionale Belastung im Vordergrund und der Körper reagiert auf diese. Kinder drücken diese Belastung durch Schmerz wie beispielsweise Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen aus“, weiß Dr. Birgitt Meier, Oberärztin in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin einschließlich Psychosomatik am Fachkrankenhaus Hubertusburg gGmbH. Aber der Weg von der Seele zum Körper funktioniert auch andersherum: Körperliche Krankheiten wirken sich auf die Psyche aus. So sind Patienten mit chronischen Erkrankungen häufig stark belastet, was sich negativ auf die Seele auswirkt. Dann sprechen Experten von psychosomatopsychischen Störungen.

Im Fachkrankenhaus Hubertusburg werden Kinder und Jugendliche, die unter chronischen Schmerzen wie Bauch- und Kopfschmerzen, Entleerungsstörungen, ADHS/ ADS, Schulleistungsversagen oder Verhaltensauffälligkeiten und Epilepsie sowie neuropädriatischen Erkrankungen leiden, behandelt. Die genaue Entstehung, Entwicklung und Aufrechterhaltung psychosomatischer Störungsbilder ist kompliziert. „Sehr häufig sind Auslöser und damit Ursache für psychosomatische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen eine Schulbelastung, die durch Über- oder Unterforderung zustande kommt, Schulmobbing, wodurch Ängste entwickelt werden, denen sich die Betroffenen nicht aussetzen wollen oder familiäre Konfliktsituationen, wie zum Beispiel eine Elterntrennung, bei der die Kinder sich in einem Loyalitäts-Konflikt befinden“, erklärt Dr. Birgitt Meier. „Wenn ein Kind auffällig oft über Bauch- oder Kopfschmerzen klagt, unter Ängsten oder Schlafproblemen leidet und diese Symptome länger als sechs Monate anhalten, handelt es sich häufig um eine psychosomatische Störung. Eltern sollten sich dann an den behandelnden Kinderarzt oder Hausarzt wenden, dieser stellt eine Überweisung für die Klinik aus. Es ist wichtig, diese Symptome ernst zu nehmen, denn eine psychosomatische Erkrankung ist eine genauso beeinträchtigende Krankheit wie jede andere auch. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, daher bedarf es sehr viel Fingerspitzengefühl“, weiß die Expertin.

Jährlich werden ca. 200 Kinder und Jugendliche vom Kleinkind- bis zum Jugendalter im Fachkrankenhaus Hubertusburg behandelt, welches regional und überregional tätig ist. Für die stationäre Behandlung stehen dort zehn Betten zur Verfügung. „Damit den kleinen und jungen Patienten wirklich geholfen werden kann, empfehlen wir einen Mindestaufenthalt von zehn bis vierzehn Tagen“, erläutert Dr. Birgitt Meier. Ob es zielführend ist, dass ein Elternteil bei seinem Spross bleiben kann oder nicht, wird nach dem individuellen Krankheitsbild entschieden.

Die Behandlung von Kindern mit psychosomatischen Krankheitsbildern beruht auf einem multimodalen Diagnostik- und Therapiekonzept. Dieses Konzept beinhaltet ein Zusammenspiel aus Physio- und Ergotherapie, sozialpädagogischem Präventions-Training, psychologischen Untersuchungen, symptomorientierter Gruppenarbeit, in der aktive Schmerzbewältigungskonzepte erarbeitet werden, Einzel- und Gruppengesprächen und zielorientierter oder systemischer Familientherapie.

Jeder psychosomatischen Behandlung geht eine Abklärung einer organischen Ursache der Beschwerden voraus. Erst wenn dies ausgeschlossen ist, beginnen die genaue Einschätzung des Krankheitsbildes und die Entwicklung eines individuellen Behandlungskonzeptes. „Bei psychosomatischen Erkrankungen gibt es durch multimodale Therapie eine deutliche Besserungschance. Wir geben den Kindern und Jugendlichen individuelle Konzepte zur Hilfe und Selbsthilfe in belastenden Situationen an die Hand, die sie und auch die Eltern im Anschluss an die stationäre Therapie im ambulanten Setting anwenden können,“ erklärt Dr. Birgitt Meier.

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