

Bei über der Hälfte der uns vorgestellten
Patienten finden wir Möglichkeiten, den
Blutdruck auch anders einzustellen.
Wie hoch sollten die Werte sein?
Ein Blutdruck von 120/80 mmHg ist nor-
mal. Optimal sind niedrigere Werte. Lie-
gen die Werte etwas drüber, kommt es
zuerst darauf an, eine gesunde Lebens-
weise zu erreichen.
Warum ist der Bluthochdruck gefährlich?
Der Hochdruck greift das Herz, die Nie-
ren, das Gehirn und die Gefäße am Au-
genhintergrund an. Nicht selten kommt
es zur Vergrößerung des Herzens, zu Ge-
fäßverkalkungen, zu einer Nierenfunkti-
onsstörung oder zum Schlaganfall. Das
Problem ist, dass der erhöhte Blutdruck
lange Zeit unentdeckt bleibt, weil er
anfangs keine Beschwerden verursacht.
Erfolgt schließlich die Diagnose, liegen
häufig die beschriebenen Organschäden
vor, die dann für uns ein zusätzliches Ar-
gument für die Spezialtherapie sind.
Wie viele Patienten behandeln Sie jähr-
lich?
Erstdiagnose und Betreuung bei Hyper-
tonie erfolgen in der Regel beim Haus-
arzt. Er stellt die Medikation ein und kon-
trolliert regelmäßig den Blutdruck. Lässt
sich der Hochdruck allerdings nicht sen-
ken, kommen die Patienten zu uns. Rund
200 schwer einstellbare Hypertoniker
stellen sich pro Jahr im Nierenzentrum
am St. Georg vor. Im Vordergrund steht
dann die Ursachenforschung.
Welche Formen unterscheiden Mediziner?
In den wenigsten Fällen – nur bei fünf
Prozent – steckt eine identifizierbare
Erkrankung hinter dem Bluthochdruck.
Dann spricht man von sekundären Hoch-
druckformen. Bei 95 Prozent der Blut-
hochdruckpatienten ist dagegen kein
spezieller Auslöser zu finden – primäre
oder „essenzielle“ Hypertonie. Zuerst
geht es darum, seine Lebenseinstellung
zu ändern, also sich mehr zu bewegen,
gesünder zu essen und Stress durch
Entspannung auszugleichen. Auch Rau-
chen, übermäßiger Alkoholkonsum und
zu hoher Salzverbrauch gehören zu den
Risikofaktoren und sollten vermieden
werden. Fruchtet das nicht, folgen me-
dikamentöse und eben spezielle appara-
tive Therapien.
Was sind die Ursachen für die sekundären
Formen der Hypertonie?
Am häufigsten sind nächtliche Atemaus-
setzer, die allerdings mit der richtigen
Therapie – nächtliche Überdruckbeat-
mung mit Maske – behandelt werden
können. Nicht selten ist eine sekundäre
Hypertonie hormonell bedingt. Dabei
übersehen Hausärzte manchmal den
Hyperaldosteronismus. Bei dieser Über-
funktion der Nebennierenrinde wird
vermehrt Aldosteron produziert. Das
Hormon steuert den Blutdruck. Behan-
delt wird die Erkrankung medikamen-
tös oder durch die operative Entfernung
der Nebennierenrinde. Seltener tritt das
Phäochromozytom auf. Dabei handelt
es sich um einen Tumor im Nebennie-
renmark, der Stresshormone produziert,
die zu Bluthochdruckattacken führen.
Dieser muss vollständig operativ entfernt
werden. Auch Hochdruck, der auf einer
Erkrankung des Nierengewebes oder der
Nierengefäße beruht, zählt zur sekundä-
ren Hypertonie. Das ist zum Beispiel bei
einer Nierenarterienverengung der Fall.
Bluthochdruck –
wenn der Druck
in den Gefäßen
zu hoch ist
Bis zu 35 Millionen Menschen in Deutsch-
land leiden unter Bluthochdruck (Hyper-
tonie). Davon sind etwa zehn Prozent
schwere Hypertoniker, allein in Leipzig
gehen die Mediziner von rund 2.500 Be-
troffenen aus. Professor Dr. Joachim Bei-
ge erklärt, welche Ursachen es gibt und
wie Bluthochdruck behandelt wird.
Herr Professor Beige, als erstes Kranken-
haus in den neuen Bundesländern hat das
Klinikum St. Georg 2012 einen Bluthoch-
druckschrittmacher eingesetzt. Wie funk-
tioniert das kleine Gerät?
Die Gefäßchirurgen unseres Klinikums
platzieren den Schrittmacher in einem
kleinen chirurgischen Eingriff unter dem
Schlüsselbein und verbinden diesen mit
einer Elektrode an den Halsschlagadern.
Das Gerät sendet elektrische Signale an
Nervenzellen, die dort den Blutdruck
„messen“. Diese sogenannten Barorezep-
toren signalisieren unter dem Einfluss
der Stimulation dem Gehirn, dass der
Blutdruck zu hoch ist. So reguliert der
Kö r pe r von s i ch aus den Dr uc k he -
runter. Das Ergebnis ist beeindruckend.
Der Schrittmacher senkt den Blutdruck
um 50 bis 80 mmHg. In den vergangenen
drei Jahren haben wir das Gerät bei 40
Personen eingesetzt, um den Blutdruck
bei schwer einstellbarer Hypertonie zu
behandeln.
Warum setzen Sie das Verfahren so
zögerlich ein?
Wir gehen mit dem teuren und operati-
ven System verantwortungsbewusst um.
Für die Behandlung kommen lediglich
Patienten infrage, die einen Blutdruck
von deutlich über 140/90 mmHg haben
und mindestens drei verschiedene blut-
drucksenkende Mittel gleichzeitig ein-
nehmen. In den meisten Fällen haben
die Betroffenen bereits mehrere Medika-
mente erhalten und trotzdem haben sich
die Werte nicht normalisiert. Zudem wird
der Schrittmacher nur eingesetzt, wenn
keine andere behebbare Ursache für die
erhöhten Blutdruckwerte zu finden ist.
PROFESSOR
DR. JOACHIM
BEIGE
im Interview
Das Problem ist, dass der
erhöhte Blutdruck lange
Zeit unentdeckt bleibt,
weil er anfangs keine
Beschwerden verursacht.
Prof. Dr. JoachimBeige
Chefarzt
Abteilung Nephrologie der Klinik für
Infektiologie |Tropenmedizin |
Nephrologie | Rheumatologie
Delitzscher Str. 141 | 04129 Leipzig
Telefon:
0341 909-2613
Ihr Ansprechpartner
im Klinikum St. Georg
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